Wie man (richtig) um die Kurve fährt

Eng verbunden mit dem Kapitel Lenktechnik ist das Thema Kurventechnik. Dabei geht es nicht nur darum, wie in eine Kurve eingelenkt wird, sondern es sind dabei noch andere Dinge von Wichtigkeit - und daher zu beachten. Im Folgenden einige Regeln dazu (wobei allen die gleiche Wichtigkeit zukommt. Keine ist dabei wichtiger oder weniger wichtig!).

Versuche diese Regeln anfangs nicht alle zugleich zu befolgen, sondern versuche, eine nach der anderen anzuwenden, bis sie dir in Fleisch und Blut übergegangen sind und ganz automatisch und ohne nachzudenken eerfolgen!

Regel Nr. 1: Lange außen bleiben

Umfragen unter Motorradfahrern haben ergeben, dass die meisten die KurvenINNENseite bevorzugen.
Wenn du das Gefühl hast zu schnell in die Kurve zu gehen wie reagierst du? Alle ungeübten Biker (und alle, die mit bestimmten Regeln und Gedanken des Bikens nicht vertraut sind) versuchen, das dadurch auszugleichen, dass sie früher in die Kurve einlenkenen (und dabei oft noch Gas wegnehmen).

Das scheint eine fast instinktive Handlung zu sein, so nach dem Motto: „Wenn ich zu schnell bin, trägt es mich hinaus - ergo muss ich früher in die Kurve, damit mir mehr Platz nach außen bleibt”. Klingt sogar irgendwie logisch, ist aber trotzdem komplett falsch! Warum?

Sehen wir uns einmal die folgende Grafik an. Dabei zeigt die rote Linie die Linie eines „normalen” Fahrers, der sich dieser Regel nicht bewusst ist. Die markierte Stelle zeigt seinen Einlenkpunkt. Die Folge ist dann automatisch, dass der Fahrer sich gegen den Kurvenausgang hin im Gegenverkehr (oder bei einer Linkskurve im Straßengraben) wiederfindet. Wählst du deine Route hingegen nach der grünen Linie, so ist auch alles „im grünen Bereich”. Am Kurvenausgang hast du noch ausreichend Platz auf deiner Fahrspur.

kurventechnik

Um eine Kurve (auch etwas schneller) mit genügend Sicherheitsreserven passieren zu können, ist die Einhaltung folgender Regeln ein absolutes Muss:

  • möglichst lange außen bleiben
  • möglichst spät einlenken und
  • den Scheitelpunkt möglichst weit zum Kurvenausgang verlegen!

Da das spätere Einlenken aber eigentlich gegen unsere „natürliche” Reaktion geht, muss es bewusst trainiert und geübt werden. Das kann etwa bei der täglichen Fahrt zur Arbeit geschehen. Man nimmt sich bestimmte Kurven (oder auch alle) heraus, und probiert ganz bewusst etwas später einzulenken. Du wirst staunen, wie leicht, sicher, flüssig (und oft auch noch mit höherer Geschwindigkeit) sich viele Kurven auf einmal fahren lassen.
Also - einfach üben, üben, üben!

Regel Nr. 2: Eine Lenkaktion pro Kurve

Das soll heißen, dass in der Kurve selbst nicht mehr gelenkt werden sollte, also ein Lenkpunkt pro Kurve! Viele Motorradfahrer reagieren in der Kurve mit Lenkreaktionen, wenn sie sich in einer vermeintlich kritischen Situation befinden (man wird nach außen getragen, man glaubt zu schnell zu sein...). Dabei wird aber nicht bedacht, dass sich dadurch auch die Schräglage ändert (man wird meist schräger) und damit die Gefahr eines Sturzes steigt. Meist wird so eine Situation noch dadurch verschärft, dass dabei das Gas zugemacht wird.

Natürlich kann es manchmal vorkommen, dass man in einer Kurve korrigieren muss (schließlich ist niemand perfekt, es tauchen Hindernisse auf...). Aber diese Korrekturen sollten möglichst klein ausfallen! Und vor allem dürfen sie nie hektisch und abrupt erfolgen um nicht schlimme Situationen zu provozieren!

Beachte: Das Motorrad möglichst mit einer Lenkaktion in die Kurve bringen. Dann nicht mehr ans Lenken denken (es gibt dann wichtigere Dinge).

Regel Nr. 3: So wenig Schräglage wie möglich

Das klingt vielleicht etwas verwirrend, da jeder gleich denkt: „Da brauche ich ja einfach nur langamer zu fahren”. Gemeint ist natürlich: so wenig Schräglage wie möglich für die momentan gefahrene Geschwindigkeit! Eine höhere Geschwindigkeit bedeutet aber nicht automatisch auch eine höhere Schräglage. Diese hängt auch stark davon ab, wie schnell du in die Kurve einlenkst (wollen wir hier Aspekte wie die Reifenwahl einmal außer acht lassen, auch wenn ein breiterer Reifen natürlich generell eine höhere Schräglage bedeutet!).

Je schneller eingelenkt wird, desto weniger Schräglage wird benötigt!! Das bedeutet in weiterer Folge, ein Mehr an Sicherheit (mehr Sicherheitsreseve, das Motorrad liegt stabiler, mehr Bodenfreiheit, mehr Grip, höhere Geschwindigkeit möglich...).

Regel Nr. 4: (Möglichst) Kein Bremsen in der Kurve

Die wenigsten Biker wissen, dass sich ein Motorrad in der Kurve beim Bremsen automatisch aufrichtet! Dadurch kommt es zwangsläufig zum Verlassen der gewählten Linie. Das führt dann oft zu noch stärkerem Bremsen, zu hektischen Lenkbewegungen und letztendlich oft zum Crash.
Ungezählte Unfälle hätten vermieden werden können, wenn der Fahrer in so einer Situation statt - fast automatisch - die Bremse zu ziehen, besser beschleunigt hätte (und dabei die Schräglage angepasst)!

Das klingt vielleicht etwas paradox aber es ist so: je höher die Kurvengeschwindigkeit, desto kleiner die Lenkbewegungen! Beobachte einmal ein F1-Rennen. Da bemerkst du an den Vorderrädern so gut wie keinen Lenkeinschlag, auch wenn relativ enge Kurven gefahren werden.). Wenn du das Gefühl hast, dass es dich aus der Kurve rausträgt und du betätigst die Bremse, stellt sich das Bike auf, der Radius vergrößert sich und du kommst dadurch noch weiter nach außen. Wird hingegen (aber bitte mit Gefühl!!) Gas gegeben, so kann - mit Anpassung der Schräglage - die Kurve gemeistert werden.

Regel Nr. 5: Blicktechnik - Du fährst dorthin wo du hinschaust

Diese kurze Aussage sagt eigentlich schon fast alles. Aber da uns dieses Thema doch als ein sehr Wichtiges erscheint, haben wir ihm eine eigene Seite gewidmet. Aber zuvor noch ein Blick auf die verschiedenen Kurvenstile, die es zu beherrschen gilt.