Unfreiwilliger Abstieg

Highsider

Jeder Motorradfahrer hat diesen Begriff mit Sicherheit schon einmal gehört. Selbst „er-fahren” haben ihn hoffentlich nicht so viele. Was verbirgt sich nun hinter diesem so harmlos klingenden Begriff und was geht dabei vor sich?

Physik des Highsiders

  • Du fährst mit dem Motorrad schnell durch eine Kurve, der Hinterreifen ist an der Grenze der Haftfähigkeit und der/die hintere/n Stoßdämpfer sind bis zum Anschlag zusammengedrückt. Nun willst du aus der Kurve hinaus beschleunigen:
  • sobald du ordentlich Gas gibst, erfolgt über den Antriebsstrang ein starker Zug auf das Hinterrad. Ein Teil der Haftfähigkeit wird dabei für die Vorwärtsbewegung genutzt.
  • Reichte die Haftung gerade noch aus um das Bike stabil zu halten, beginnt der Reifen nun zu rutschen
  • dadurch geht der Zug auf den Antriebsstrang verloren (das Rad dreht ohne Haftung praktisch durch) was ein Ausfedern der Stoßdämpfer bedingt
  • die Fahrgeometrie kommt durcheinander (der gewählte Kurvenradius ändert sich und damit auch die wirkende Zentrifugalkraft).
  • Dadurch „beißt” das Hinterrad wieder (= es bekommt wieder Haftung) was wieder einen Zug auf den Antriebsstrang und somit eine neuerliche Komprimierung der Stoßdämpfer nach sich zieht

Das alles geschieht in Bruchteilen einer Sekunde. Dabei wird immer noch eine beträchtliche Kraft auf den Hinterreifen übertragen und das Spiel beginnt von vorne. Für einen Außenstehenden wird oft nur ein kurzes Schlenkern des Hinterrades bemerkt. Die ganze Sache schaukelt sich so lange auf, bis das Bike entweder abgefangen werden kann, oder - im schlechteren Fall - bis die Fahrstabilität ganz zusammenbricht und der Fahrer abgeworfen wird.
Dabei wird der Fahrer über das Motorrad geschleudert, was die Situation aus mehreren Gründen verschärft:

  • Die Fallhöhe ist deutlich höher als bei einem Lowsider
  • es kommt durch das Ausheben zu einer zusätzlichen Beschleunigung
  • der Fahrer kommt vor dem Bike zu liegen, welches in die gleiche Richtung unterwegs ist. Er läuft also Gefahr, vom eigenen Bike getroffen zu werden!
  • Sowohl Motorrad als auch Fahrer erhalten zusätzlich Drehimpulse nach allen Richtungen, was ein unkontrolliertes durch-die-Luft-schleudern zur Folge hat und die Verletzungsgefahr enorm steigert.

Was kannst du dagegen tun?
Nun ja, wie oft im Leben ist auch hier Vorbeugen besser als Heilen:

  • Am einfachsten ist ein High-Sider zu verhindern, in dem in schnell gefahrenen Kurven (noch dazu bei entsprechender Schräglage) der Gasgriff nur mit sehr viel Gefühl betätigt wird.
  • Allen Ringisierern sei angeraten, am Hinterrad eine möglichst hohe Dämpfungseinstellung zu nehmen um die geschilderten Rückkoppelungseffekte möglichst zu reduzieren.
  • Eine zusätzliche Hilfe sind entsprechende Rennreifen (die auf der Straße nicht wirklich Sinn machen). Diese haben einen deutlich größeren Rutschbereich, so dass sich ein High-Sider meist ankündigt und oft noch durch leichtes Gas-Wegnehmen kontrolliert werden kann

Lowsider

Der Unterschied
Dieser liegt darin, auf welche Seite der Fahrer stürzt:
Während man beim Highsider über das Bike zur Kurvenaußenseite fällt, stürzt man beim Lowsider auf die Kurveninnenseite. Das hat einige Vorteile (sofern man hier überhaupt von Vorteilen sprechen kann):

  • Da man meist in großer Schräglage einen Lowsider fabriziert ist die Sturzhöhe deutlich geringer (gerade bei den Ringisierern und Knieschleifern)
  • man rutscht hinter dem Bike her und kann von diesem nicht getroffen werden
  • kein zusätzlicher Drehimpuls
  • geringeres Verletzungsrisiko

Was passiert dabei?

  • Ganz einfach: auf Grund zu geringer Haftung (zu schnell, Schmutz/Öl auf der Strecke, Bodenwelle...) rutscht das Hinter- oder Vorderrad (oder auch beide) weg.
  • Wenn sich das Rutschen ankündigt, kann durch Gegenlenken, Gas etwas zumachen, Hinterbremse kurz antippen, Fuß rausstellen... das Bike oftmals noch abgefangen und ein Lowsider verhindert werden. Aber das braucht viel Erfahrung und eine gute Reaktion (sehr hilfreich finde ich, wenn man öfter mal im Gelände unterwegs ist. Da kann man solche Dinge gut üben, denn da passiert es oft, dass das Bike unter einem „abhauen” will).